Die Namen der alten Berliner sind bis heute immer noch in zahlreichen Kirchenbüchern der verschiedenen Berliner Kirchenkreise einzusehen. Die wichtigste Quelle dafür ist das Landeskirchliche Archiv in Berlin (ELAB). Dort erhält man Einblicke in Militär- und Kirchenbücher, Taufkarteien sowie in die Register für Bestattungen und Trauungen. Die ältesten Eintragungen führen hierbei bis in das 16 Jhd. zurück. Eine weitere Möglichkeit den alten Berlinern näher zu kommen, bilden die Bürgerbücher von Berlin und Cölln. Dabei führt das älteste Bürgerbuch der Stadt Berlin sogar bis ins 15 Jhd. (1453 – 1700)1, während die Bürgerbücher von Cölln an der Spree die Jahre 1508-1611 und 1689 bis 1709 sowie die chronikalen Nachrichten von 1542 bis 16102 umfassen. Der wohl älteste, bekannte Name ist der des Symeon, welcher als Pfarrer von Cölln am 28. Oktober 1237 als Zeuge in einem Rechtsstreit in der Stadt Brandenburg auftritt. Die entsprechende Urkunde wurde aber erst im Jahr 1238 ausgestellt.
Die alten Berliner. Was erfahren wir aus den Bürgerbüchern?
Die Bürgerbücher verzeichneten alle Neubürger einschließlich der Bürgersöhne, die das Bürgerrecht erhielten. Für den Erhalt des Bürgerrechts musste man ein Bürgergeld zahlen und den Bürgereid schwören. Die folgende Abbildung zeigt den Bürgereid, wie er in den Cöllner Bürgerbüchern zu finden ist:
Um in den Genuss des Bürgerrechts zu kommen, musste man aber neben dem nötigen Kleingeld auch noch folgende Bedingungen erfüllen:
- Man musste von ehelicher Geburt sein.
- Man durfte nicht leibeigen oder Untertan sein.
- Man durfte nicht andernorts in Rechtshändel verwickelt sein.
- Man musste seine wirtschaftliche Unabhängigkeit beweisen oder einen Lehr- bzw. Meisterbrief vorgelegen.
- musste man auch einen Bürgen stellen.
Zitat: Mit dem Bürgerrecht erwarb man zugleich u.a. Freizügigkeit, freies Konnubium (Verbindung zwischen ursprünglich voneinander abgegrenzten gesellschaftlichen Gruppen), Testierfreiheit, Freiheit von nichtstädtischer Heerfahrt und von stadtfremder Gerichtsbarkeit, aktives und – häufig mit Einschränkungen – passives Wahlrecht. Als Bürger hatte man jedoch auch Pflichten, dazu zählten die Treuepflicht der Stadt gegenüber, die Bereithaltung eigener Waffen und Waffendienst zur Stadtverteidigung, Hilfe bei Löschdiensten, termingetreues Zahlen der städt. Steuern und vor einem Wegzug die Genehmigung des Rats einzuholen.
In einigen Städten konnte auch Frauen das Bürgerrecht erwerben, jedoch tauchen in den Bürgerbüchern von Cölln keine Frauen auf (bis auf Anna Hentzkens und Elisabeth die Jeronimusin ).
Das folgende Diagramm (Abb.2) zeigt die jährlichen Bürgeraufnahmen von Cölln von 1508-1611 und 1689 -1709. Für die erste Zeitspanne schwankt die Anzahl der Bürgeraufnahmen nur wenig und liegt im Durchschnitt bei 16,6 Neubürger pro Jahr. Ausnahmen bilden die Jahre 1585 mit 120 Neubürgern, 1609 mit 73 Neubürgern und die Jahre 1510, 1548, 1556 und 1567, die ohne Einträge sind. Für die Zeit zwischen 1611 und 1689 gibt es für die Stadt Cölln keine Aufzeichnungen, jedoch für die Stadt Berlin. Helga Schulz beschreibt hier für die Jahre 1650 bis 1680 einen durchschnittlichen Zuwachs von 23,7 Neubürgern pro Jahr3.
Für die Jahre 1689 bis 1709, nach der Aufzeichnungslücke, ist ein deutlicher Anstieg der jährlichen Neubürgerzahlen mit durchschnittlichen 73,5 pro Jahr zu erkennen. Ein ähnlicher Anstieg ist auch für Berlin zu verzeichnen. Vergleicht man den Zeitraum 1689 bis 1709 zwischen Cölln und Berlin, ergibt sich sogar für fast alle Jahre ein ähnlicher Trend der jährlichen Ab- und Zunahmen.
Dazu muss gesagt werden, dass nicht alle Klassen und Schichten gleichermaßen das Bürgerrecht erhielten und die Statistik damit nur bedingt repräsentativ ist. Wie bereits beschrieben, konnten nicht alle das Bürgerrecht erhalten. Davon ausgeschlossen waren weitgehend die zahlreichen unselbständigen Lohnarbeiter der Stadt, die Gesellen, Tagelöhner und Dienstboten. Sie mussten nur dann Bürger werden, wenn sie ein eigenes Häuschen hatten (aus: „Berlin 1650-1800 Sozialgeschichte einer Residenz“, Helga Schulz).
Eine statistische Erhebung zu Geburts- und Sterbefällen in Berlin gibt es seit dem Jahr 1583. Sie ist in dem Werk „Der Königlichen Residenz Berlin schneller Wachstum und Erbauung“ von Johann Peter Süßmlich aus dem Jahr 1752 enthalten. Süßmilch war Pfarrer der St. Petri-Kirche und Probst von Cölln. Er hat als erster Deutscher versucht, die Entwicklung einer Bevölkerung in Zahlen zu beschreiben und gilt daher international als Erfinder der deutschen Bevölkerungsstatistik. Schätzungen der damaligen Einwohnerzahlen liegen bei ca. 2000 Einwohner zur Gründungszeit und einen Bevölkerungswachstum auf ca. 9000 Einwohner um 1600. Zu diesem Zeitpunkt war der Petriplatz Kirchhof wohl schon fast vollständig belegt. Mit den Ausgrabungen auf dem Petri-Kirchhof können wir innerhalb des Projektes an Süßmilchs Zahlen anknüpfen und somit auch die Repräsentanz der geborgenen Skelettserie prüfen (Süßmilch 1752). Durch die umfangreichen Ausgrabungen am Petriplatz mit über 3000 geborgenen Gräbern, die bis in die Entstehungszeit der Stadt Cölln zurückreichen, können nicht nur bisherige Statistiken neu geprüft, sondern nun auch neue Zahlen für die Anfänge der Stadt geliefert werden.
Was verraten uns die Bürgerbücher noch? Was sagen uns die Namen der alten Berliner?
Neben den Zahlen der Neubürger geben die Bürgerbücher auch oft Auskunft über den Beruf und die Herkunft der Dazugezogenen. Besonders interessant sind diese Daten und Namen für Genealogen und Ahnenforscher. Um unseren alten Cöllnern ein bisschen näher zu kommen und die Erinnerung an sie ein wenig lebendiger wirken zu lassen, veröffentlichen wir deshalb hier, in regelmäßigen Abständen, die Namen aus den Einträgen der Cöllner Bürgerbücher sowie den chronikalen Nachrichten in alphabetischer Reihenfolge. Wer es schafft, die Wurzeln seines Stammbaums bis in das alte Cölln zurück zu verfolgen, der kann vielleicht in Zukunft mit einer genetischen Analyse und mit einer riesengroßen Portion Glück eines unserer geborgenen Skelette als Vorfahren identifizieren lassen. Das Petriplatz-Team wünscht euch viel Spaß beim Durchstöbern der Namen der alten Cöllner.
Quellen:
1 Peter von Gebhardt, „Das ältetee e Berliner Büürgerbuch 1453-1700, Berlin 1927
2 Peter von Gebhardt, „Die Bürgerbücher von Cölln an der Spree 1508-1611 und 1689-1709 und die chronistischen Nachrichten des ältesten Cöllner Bürgerbuches 1542-1610, Berlin 1930
3 Helga Schultz, „Berlin 1650-1800, Sozialgeschichte einer Residenz“, Akademie-Verlag Berlin 1987